ABHAS

29.01.2013 15:37

 

Hier kommt der bestimmt schon sehnsüchtig erwartete Bericht über meine Arbeit. Ja es stimmt ich bin wirklich in Indien um zu arbeiten. Obwohl ich nur übers Reisen schreibe lautet die Wahrheit: ich verbringe 5 Tage die Woche von 9.30 (variiert je nach Verkehr und Motivation beim Aufstehen) bis 17.00 in Tughlakab Village um dort meine NGO ABHAS zu unterstützen.

 

An dieser Stelle würde ich gerne meinen typischen Tagesablauf beschreiben, aber wir sind in Indien und da ist so was etwas schwierig. Das Problem ist, ständig werden wir in anderen Bereichen eingesetzt, sind krank oder im Urlaub und so ist es schon unmöglich für einen Monat lang einen geregelten Stundenplan zu besitzen.

 

Ich werde euch jetzt einfach trotzdem versuchen zu erzählen was wir hier für unterschiedliche Aufgaben haben.

Zum einen hat Lisa eine Sportclass, in der sie versucht den Kindern Handball beizubringen.

Ich hab im Gegenzug die Aufgabe zugeteilt bekommen, meiner Danceclass Ballett näher zu bringen. Was so mehr oder weniger gut gelingt :) Mein Unterricht besteht mehr aus Bauch-Beine-Po-Übungen (Ziel: DIE Kurtafigur für den Sommer zu bekommen), Basis Ballettübungen (und man merkt warum man in Indien Bauchtanz und nicht Klassisch tanzt, der Hüftschwung darf man nicht verschwenden) und meinen vorbereiteten Choreografien. Die werden aber meistens untergraben und so ist es nicht verwunderlich, dass wir mehr quatschen, als zu tanzen, und ich ihnen lieber zuschaue, als dass sie meine Schritte lernen. Was mich einfach immer wieder erstaunt ist, dass jedes Lied eine eigene Choreografie hat und JEDER das Lied sowie die Schritte dazu kann! Und das Repertoire von meinen Mädels scheint unerschöpflich zu sein. Doch aus pädagogischen Gründen, hab ich jetzt zum Glück einen Mix gefunden, der mir neue Tanzschritte beibringt und meinen Mädchen die Vorteile des klassischen Balletts (Körperspannung zum Beispiel) näher bringt. Und ich muss sagen, die Arbeit mit ihnen macht wirklich Spaß (erinnert mich ein wenig an meine Tanzmäuse nur auf Indisch-liebe Grüße hierbei nach Hause).

 

Ein weiteres Einsatzgebiet von Lisa und mir, ist die Knuddelrolle. In einem der 6 Center die ABHAS unterhält, sind morgens 3-6 Jährige. Diese Zeit dient ihnen als Art Vorschule und Dank den Kleinen bin ich mir dem Alphabet mal wieder bewusst geworden. Doch unsere Hauptaufgabe neben Lieder singen (Head-Shoulder-Knies-and-Toes, und Peal Banana sind die absoluten Favoriten) liegt im Trösten, auf den Schoß nehmen, Knuddeln und gucken, dass es auf der Toilette mit rechten Dingen zugeht (gerechterweise bekommen auch Inder ab und zu mal Durchfall).

 

Wenn wir nicht gerade ein Kind auf dem Schoß haben oder Sport machen, basteln wir mit den Größeren in den verschiedenen Centern - von Freundschaftsbänder, über Origami bis hin zu Jonglierbällen. Wir versuchen die Kinder für unsere Aktionen zu begeistern und ich bin froh, dass sie diese Angebote so zahlreich annehmen.

 

Was wir nur selten machen müssen ist Englischunterricht. Oft fragen die Lehrer, wenn wir in einem der Center sind, ob wir spontan eine Grammatikeinheit oder mit den Kindern englische Texte durchgehen können. Englischunterricht ist aber so eine Sache. Das Niveau von Schülern und Lehrern ist ziemlich gering und die Lernbereitschaft der Kinder ist leider manchmal kaum bis gar nicht vorhanden. Das macht es uns natürlich um so schwerer ihnen den Stoff näher zu bringen. Sie verstehen uns von der Sprachkenntnis schon nicht und dann wollen sie uns auch noch nicht verstehen. Das Schlimme dabei finde ich ist, dass die Kinder noch nicht begreifen (liegt wohl am Alter, wer hatte schon mit 14 Lust zu lernen-bei manchen zieht sich das bis zur Kursstufe ;D), wie wichtig in ihrem Fall Bildung und gute Englischkenntnisse sind. Ohne dies kommen sie nicht aus der Spirale im Village heraus und können ihre Lebenssituation kaum verbessern. Diese Aussichtslosigkeit kann einem persönlich auch richtig nahe gehen, weil es einem noch mal deutlich macht wie wenig man helfen kann und wie langsam sich der gesellschaftliche Wandel vollführt. Ohne Geld und ohne Bildung hat man wie überall schlechte Chancen, nur in Indien bedeutet dies etwas anderes als in Deutschland. Hier wird man nicht vom Staat unterstützt wie bei uns. Arm zu sein nimmt hier viel größere und schlimmere Dimensionen an.

 

Meine absolute Hassaufgabe, die ich aber leider viel zu oft machen muss, ist der Computerlehrerin im ICT Unterricht zu helfen. Das sieht meist so aus: Die Kinder spielen oder schreiben über „Myself“ (was noch gut ist, weil ich dann alle ½ Stunde was zu tun hab und Texte verbessere), Kiran sitzt am Laptop und arbeitet oder ist sonst wo und lässt mich mit den Kindern alleine und ich überlege mir Aufgaben um meine Langeweile zu vertreiben z.Bsp. Diesen Blogeintrag zu schreiben, zu lesen, zu überlegen was wir abends kochen könnten, was ich am Wochenede anziehen könnte, falls irgendetwas in diese Richtung geplant wird, Sudoku spielen, usw. Meiner Kreativiät sind keine Grenzen gesetzt!

 

Trotz der Tatsache, dass wir manchmal nicht wissen was wir machen sollen und die Lehrer und die Kinder einfach nur nerven, bin ich froh hier zu arbeiten. Die Lehrer sind so lieb, versuchen wirklich uns zu helfen und trotz den Sprachbarrieren, kann man mit ihnen Spaß haben.

Ich persönlich finde ABHAS wichtig für das Village, die Kinder bekommen auch in den normalen Schulen keinen guten und sinnvollen Unterricht, viele gehen überhaupt nicht zur Schule. ABHAS versucht die Lücke zu schließen, die durch diese Situation hervorgerufen wird. Das dies nicht gelingen kann, ist allen klar, doch allein der Versuch ist schon viel wert. Die Kinder treiben sich nicht auf der Straße herum, haben zusätzliche Nachhilfe und es ist ein Ort um Freunde zu treffen und Erlebnisse auszutauschen. Man muss auch dazu sagen, dass sich ABHAS wirklich um die Zukunft der Kinder kümmert und versucht jeden einen angemessen Platz innerhalb der Gesellschaft zu schaffen.